Beeindruckend
Messen Sie 8.45m mit Schritten im Wohnzimmer ab. Simon Ehammers Bestleistung im Weitsprung beträgt exakt diese Weite und das in einer von zehn Disziplinen, welche der WM Dritte im Weitsprung und EM Zweite im Zehnkampf bei seinen Wettkämpfen zu absolvieren hat.
Training bei Appenzellerland Sport
Simon erinnert sich:
Am Montagmorgen um halb sieben im Kraftraum von Appenzellerland Sport. Das Aufbautraining beginnt mit einem saftigen Kraftteil von René zusammengestellt, ausgeführt von Simon. Dieser wird sich zwei Stunden später als Halbtoter in die Dusche schleppen und vierzehn Tage einen Muskelkater spüren, der sich gewaschen hat. Simons heisseste Hassliebe.
Karriere
Mit Simon Ehammer, Mitglied des Schweizer Nationalkaders und des TV Teufen, verfügt die Schweiz über eines der grössten Leichtathletik Talente der Gegenwart. Im Mehrkampf und Weitsprung ist der von Karl Wyler (Vereinstrainer und Betreuer an Wettkämpfen), René Wyler (Gesamtplanung, Kraft- und Techniktraining) und dem Trainerteam von Appenzellerland Sport betreute Appenzeller in den vergangenen Monaten und Jahren in neue Dimensionen vorgestossen.
Mit 8231 Punkten erzielte Simon Ehammer im August 2020 in Langenthal eine Jahresweltbestleistung im Zehnkampf und in sechs Disziplinen neue persönliche Bestmarken. Beim Hallen-Siebenkampf in Frankfurt brillierte er anfangs Februar 2021 mit 6092 Punkten und stellte eine neue Jahres-Weltbestleistung auf.
Im Sommer 2021 konnte Simon aufgrund einer langwierigen Verletzung keinen Zehnkampf bestreiten. Dafür krönte er die Saison mit dem U23 Europameistertitel im Weitsprung.
Am 29./30 Januar und 18./19.März 2022 schrieb Simon Ehammer neue Kapitel für die Leichtathletik Geschichtsbücher. Im Januar sprang er im Weitsprung am Indoorsiebenkampf in Aubière (FRA) erstmals über acht Meter in der Halle. Mit 8.26m pulverisierte den 41-jährigen Rekord von Rolf Bernhard. So weit ist noch kein Athlet der Welt im Rahmen eines Siebenkampfes gesprungen. 6285 Punkte, erneuter Schweizer Rekord. An den Hallenweltmeisterschaften in Belgrad im März der nächste Paukenschlag. Persönliche Bestleistungen im Sprint, Hoch- und Stabhochsprung, wieder Schweizer Rekord mit 6363 Punkten und Vizeweltmeistertitel. Mit dem erstmaligen Gewinn einer Medaille an einem Grossanlass bei der Elite feierte Simon den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere.
Am 8./9. Mai 2022 in Ratingen (GER) der nächste Exploit. Innerhalb des Zehnkampfes sprang Simon mit 8.30m neuen Schweizer Rekord im Weitsprung und mit 8354 Punkten übertraf er den bisherigen Rekord von Beat Gähwiler von 1988. Drei Wochen später in Götzis ein Weltrekord innerhalb eines Zehnkampfes. Simon landete nach 8.45m im Sand und erreichte neu 8377 Punkte. Zudem feierte er mit dem dritten Rang einen Podestplatz im Mekka der Mehrkämpfer.
Im erfolgreichsten Jahr 2022 der noch jungen Karriere von Simon Ehammer folgten an den Weltmeisterschaften in Eugene (18. Juli) die Bronzmedaille im Weitsprung bei der Elite und der Silberplatz im Zehnkampf an den Europameisterschaften in München (17. August) mit dem erneuten Schweizer Rekord von 8468 Punkten. Drei internationale Medaillen in einem Jahr, da fehlen bisweilen die Worte.
Historisches gelang Simon Ehammer am 15. Juni 2023 in Oslo. Als erster Schweizer Mann siegte er in einem Wettkampf bei einem Diamond League Meeting. Nachdem er bis anhin dreimal einen Podestplatz erkämpfte, flog er mit 8.32m im Weitsprung an die Spitze des hochkarätigen Teilnehmerfeldes. Beim Diamond League Final 2023 setzte Simon zum bisher letzten Mal zu einem Weitenflug für die Geschichtsbücher an. Am 17.September gewann er in Eugene den Wettkampf und erhielt, notabene wiederum als erster Schweizer, den begehrten Diamanten. Diamond League Gesamtsieger 2023 in der Disziplin Weitsprung.
Zum ersten Mal seit 33 Jahren sicherte sich ein Schweizer Athlet wieder die Goldmedaille bei einer Hallen-Weltmeisterschaft, und dies gelang Simon in Glasgow (4.3.24). Er rettete knapp elf Punkte ins Ziel und wurde dabei vom Norweger Sander Skotheim gejagt, der im abschließenden 1000-Meter-Lauf alles abverlangte. Nach den ersten vier der fünf 200-Meter-Runden schien eine Goldmedaille noch nicht greifbar zu sein. Skotheim zog entschlossen an der Spitze davon, aber in der letzten Runde mobilisierte der 24-jährige noch einmal seine Kräfte. Trotzdem schien es knapp zu werden, doch mit einer beeindruckenden persönlichen Bestzeit von 2:46,03 Minuten erreichte Simon gerade noch rechtzeitig die Ziellinie.
In einem Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) äusserte sich der neue Weltmeister zu seiner letzten Runde: "Nach 800 Metern habe ich realisiert, dass ich etwas zu langsam unterwegs bin." Danach dachte er sich: "Pinsel abe!"
Foto: Jörg Oegerli
(5.3.2024)